Günstig erstellt, günstig genutzt

NZZ am Sonntag, 17. Mai 2009, von Luca Rehsche

Energieeffizienz muss nicht teuer sein. Ein Wohnhaus in Thayngen (SH) zeigt, wie sich günstige Bauweise und energiesparende Technik mit Wohnlichkeit und guter Architektur paaren lassen.

Überzeugungsarbeit musste Peter Sandri bei der Planung des neuen Heims für die Familie Winzeler keine leisten. Die Bauherrschaft war mit dem expliziten Wunsch an den Architekten herangetreten, ein Einfamilienhaus im Minergie-P-Standard zu erstellen. «Das Spannende war für uns, die Anforderungen bezüglich Energieeffizienz und Kosten unter einen Hut zu bringen und gleichzeitig ein Gebäude mit architektonischer Qualität zu erstellen», erklärt der Chef des Schaffhauser Büros Sandri Architekten. Um die gewünschten energetischen Eigenschaften mit einer kostengünstigen Bauweise zu verbinden, fiel die Wahl auf eine Erstellung im Holz-Elementbau. Auf später einfach zu ergänzende Elemente wurde vorerst verzichtet, ebenso auf Veredelungen des Innenausbaus.

Viel Licht und Wärme

Eine Prämisse stellte das in Familienbesitz befindliche Grundstück dar. An einem Abhang oberhalb von Thayngen gelegen, bietet es nicht nur weite Aussicht, sondern auch fast perfekte Südorientierung. Energetisch ein grosses Plus, denn die Sonneneinstrahlung kann optimal genutzt werden. Die Fenster sind hauptsächlich talwärts angeordnet und das Gebäude sonst eher geschlossen gehalten.

Dem leicht abschüssigen Terrain entsprechend, wurden die unteren zwei Gebäudeebenen gewissermassen in den Hang hineinversetzt. Entlang den ausgehobenen Stufen entstanden Bodenplatten und Rückwände aus Beton. Zuunterst befindet sich eine unbeheizte Doppelgarage, deren Decke ebenfalls betoniert ist. Darauf setzen die zwei Wohngeschosse im Holz-Elementbau auf. Ab Bodenplatte ging der Rohbau in einem einzigen Tag über die Bühne. Entscheidend für das schnelle Aufrichten war, dass alle Seiten des Gebäudes aus einem einzigen Element pro Etage bestehen.

Im Inneren richtet sich die Aufteilung einerseits nach der Hangsituation, andererseits nach den Bedürfnissen der jungen Familie. Vom Hauseingang auf der mittleren Gebäudeebene gelangt man in einen grossen Wohn- und Essraum mit integrierter Küche. Um diese dreht sich vieles im Hause der Winzelers, weshalb sie zentral im Wohnbereich angeordnet sein sollte. Auffällig ist die leuchtend grüne Farbe, ein Akzent, der dem Haus Charakter gibt. Wie ein «grüner Faden» zieht sich die Farbe durch das Gebäude, auch Fenster und Türrahmen und das Treppenhaus sind in diesem Ton gehalten.

Neben dem Wohnzimmer, das sich über drei Viertel der Gebäudelänge erstreckt, befindet sich ein kleinerer, als Büro genutzter Raum. Dahinter ist der Technikraum angeordnet. Im dritten Stock sind vier gleich grosse Schlafzimmer für Eltern und Jungmannschaft sowie zwei Nasszellen zu finden.

Auf der Eingangsebene schmiegt sich hinter dem Gebäude eine Dienstraumschiene mit Kellerräumlichkeiten zwischen Rückwand und Abhang ein. Erschlossen ist dieser Bereich von aussen. «Eine Sparmassnahme», erklärt Sandri. Denn eine Minergie-P-taugliche Tür zum geheizten Bereich kostet schnell einmal 4000 Franken. Bei den kalten Diensträumen zeigte sich, dass Sparen nicht überall sinnvoll ist. Auf eine Isolation des Dachs wollte man zuerst verzichten. Als dann aber Kondenswasser auftrat, musste eine solche doch noch angebracht werden. Auch eines der Lüftungsrohre wurde erst im Nachhinein isoliert, da die geführte Luft auf dem Weg zu viel Wärme verloren hatte. Der Energiebedarf wird gedeckt zum einen durch die Rückgewinnung der Abluftwärme mittels Wärmelauscher, zum anderen über die thermische Solaranlage auf dem Dach. Ein Boiler speichert das so erwärmte Wasser für den Hausgebrauch sowie für das Temperieren der Frischluft. Im Sommer reicht dies bereits aus, im Winter erfolgt die Erhitzung des Wassers zu achtzig Prozent elektrisch.

Lernprozess für alle

Dank minuziöser Planung ging der Bau in knapp fünf Monaten über die Bühne, bezogen ist das Haus seit etwas mehr als einem Jahr. Nachdem die erwähnten Kinderkrankheiten überwunden sind, läuft technisch nun alles nach Plan, und auch die Bewohner sind zufrieden. «Am Anfang ist es schon ein Lernprozess», sagt Hausherr Daniel Winzeler. «Das Gebäude reagiert manchmal recht träge». Als etwa einmal die Aussentüre zwei Stunden offen stand, habe es einen ganzen Tag gedauert, bis wieder angenehme Temperaturen geherrscht hätten. Die Erreichung des Minergie-P-Labels hat gemäss Peter Sandri im Vergleich zum Minergiestandard Mehrkosten von etwa 25 000 Franken verursacht. Hätte man auch auf diesen verzichtet, hätten sich weitere 50 000 Franken einsparen lassen. Dafür zahlten die Winzelers im ersten Halbjahr eine Stromrechnung von nur etwa 500 Franken. Im Vergleich: Bei einem Einfamilienhaus ähnlicher Grösse entstehen Strom- und Heizkosten von rund 3000 Franken. Rein ökonomisch rechnet sich die Investition also erst über einen Zeitraum von Jahrzehnten. Trotzdem, da ist sich Peter Sandri sicher, läuft der Trend in Richtung höhere Energieeffizienz: «Bei Haushaltgeräten wählt auch niemand mehr die B-Klasse». Dies wiederum wird sich im Marktwert einer solchen Liegenschaft niederschlagen. Spätestens bei einem Verkauf dürfte sich die Zertifizierung nach Minergie-P also auch wirtschaftlich lohnen.